Objekt des Monats Februar 2022

Krauskopfarassari Pteroglossus beauharnaesii

Der Krauskopfarassari ist ein mittelgroßer Tukan mit den namensgebenden gekrümmten lackschwarzen Hornplättchen auf dem Oberkopf, die ihn unverwechselbar machen. Die Art ist nicht häufig, aber im südwestlichen Amazonas-Tiefland weit verbreitet.

Die Beschreibung dieser Art fand fast zeitgleich und unabhängig voneinander durch den Ornithologen und Vogelmaler John Gould (1804 – 1881) und durch den als Spix’ Assistenten angestellten Zoologen Johann Georg Wagler (1800 – 1832) statt. Gould benannte »seinen« Vogel Pteroglossus ulocomus. Wagler gab ihm den Namen Pteroglossus beauharnaesii, da er ihn anhand eines Balgs aus der Sammlung von Eugène de Beauharnais (1781 – 1924) beschrieben hatte.

Der Stief- und Adoptivsohn Napoleon Bonapartes und damaliger Vizekönig von Italien war 1806 auf Wunsch Napoleons mit Prinzessin Auguste Amalia Ludovika von Bayern verheiratet worden, die bereits verlobt war und der Vermählung anfangs ablehnend gegenüberstand. Glücklicherweise lernte sich das junge Paar lieben und erlebte eine sehr glückliche Ehe. 1814 verließen die beiden wegen der zunehmend antifranzösischen Stimmung Italien und ließen sich in Bayern nieder. Eugene erhielt von seinem Schwiegervater Maximilian I. Joseph König von Bayern die Titel Herzog von Leuchtenberg und Fürst von Eichstätt. Das Paar interessierte sich für die Vielfalt des Lebens und baute eine große Naturaliensammlung auf. Durch die Beziehungen zu den Königshäusern weltweit erhielten sie auch Raritäten, etwa einen Zwergkiwi Apteryx owenii aus Neuseeland, der heute noch im Schauraum der ZSM zu sehen ist. Die Leuchtenberg’sche Vogelsammlung bestand aus etwa 4000 Dermoplastiken und Bälgen.

Im Jahr 1858 kam sie in die Alte Akademie in der Neuhauser Straße, den Vorläufer der ZSM; doch einige Exemplare müssen bereits früher dorthin gebracht worden sein, da Wagler sonst seine Artbeschreibung nicht durchführen hätte können. Als die Alte Akademie in der Nacht vom 23. auf den 24. April 1944 durch einen Bombenangriff zerstört wurde, wurde auch ein Teil der Vogelsammlung vernichtet. Glücklicherweise hatte man gegen den Willen der Nazis bereits im Jahr davor einen Großteil der Sammlung, darunter die wissenschaftlich wertvollen Typen, aufs Land und in Sicherheit gebracht. So blieb uns auch der Holotypus von Pteroglossus beauharnaesii erhalten. Denn Wagler hatte den unbemerkten »Wettlauf« um den gültigen Namen gewonnen, da er seine Beschreibung vor Gould einreichte. Tatsächlich scheint sich dieser bereits deutlich vor Wagler für ulocomus als Artnamen entschieden zu haben – dafür sprechen sowohl das grüne Etikett als auch die von ihm erstellte Bilddtafel -, aber er hat seine Beschreibung zu lange zurückgehalten. Möglicherweise stammt der von Wagler verwendete Balg ursprünglich sogar aus einer Aufsammlung Goulds und wurde für die Leuchtenberg’sche Sammlung von diesem angekauft.

5 Fakten über Tukane

  • Nicht schlecht, Herr Specht: die neotropische Familie der Tukane Ramphastidae gehört innerhalb der Ordnung Piciformes (Spechtvögel) zu den Picoidea, also zu den Spechtartigen. Wie die Spechte sind sie Baumbewohner und Höhlenbrüter.
  • Artenarm: mit nur 51 Arten in 5 Gattungen sind die Tukane eine relativ kleine Familie; je nach Bearbeiter wird z.T. auch die Familie Capitonidae der neotropischen Bartvögel zu den Tukanen gestellt.
  • Schuppen auf dem Kopf: die Hornplättchen auf dem Oberkopf des Krauskopfarassaris sind umgewandelte Federn, zeigen aber die Homologie von Reptilschuppe und Vogelfeder auf. Heute bilden die Vögel keine eigene Klasse mehr, sondern werden mit den Reptilien zu den Sauropsiden gezählt und sind als letzte Überlebende der Theropoden die nächsten lebenden Verwandten von Tyrannosaurus rex.
  • Schnabelhaft: die teilweise riesigen Schnäbel der Tukane (22 cm Länge beim Riesentukan Ramphastos toco) haben mehrere Aufgaben; mit dem Schnabel erreichen die Vögel selbst weit entfernte Früchte und nutzen ihn als »Fruchtpresse« und »Essbesteck«. Schnabelfärbung und Farbverteilung zeigt Artgenossen die Zugehörigkeit zur gleichen Spezies an. Der Fischer-Tukan-Schnabel ist der bunteste im Vogelreich. Die Art wurde nicht, wie man meinen könnte, nach ihrem Entdecker benannt, sondern weil ein Individuum dabei beobachtet wurde, wie es mit dem Schnabel Fische fing! Untypisch, aber ein weiteres Beispiel für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Schnabels und für das explorative Verhalten der Tukane.

Bildlegende

Abb. 1 (Artikelbild): Gesamtansicht des Holotypus vom Krauskopfarassari. Foto: M. Unsöld (SNSB-ZSM).

Abb. 2: Sowohl auf Stirn und Scheitel als auch an den Wangen des Krauskopfarassaris sind plättchenartige Federstrukturen zu erkennen. Foto: M. Unsöld (SNSB-ZSM).

Abb. 3: Die Etiketten am Typusexemplar von Pteroglossus beauharnaesii geben einen Teil der Beschreibungsgeschichte wieder. Foto: M. Unsöld (SNSB-ZSM).

Abb. 4: Goulds Krauskopfarassari ist eine der 10 großformatigen Tafeln (ca. 38 x 55 cm) aus der »Edition Arche Noah«, die in hervorragender Druckqualität für je 30 € bzw. 199 € (6 Kolibris und 4 Tukane komplett in einer Mappe) bei den »Freunden« bestellt werden können.